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Rechtliche Aspekte bei der Direktvermarktung

Die Kartoffel ist in zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben ein willkommenes Produkt für die Direktvermarktung. Anbau, Ernte und Lagerung sind relativ unproblematisch. Bei vielen VerbraucherInnen gehören sie zu einem vollwertigen Mittagessen und bieten durch die vielfältigen Zubereitungsarten eine große Abwechslung auf dem Speiseplan. Doch zwischen dem Anbau bzw. der Ernte und dem Verzehr liegt die Vermarktung. Welche Aspekte gilt es dabei aus rechtlicher Sicht zu beachten?

Elke Sandvoß
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Hildesheim
redaktion@dlg.org

Erschienen in: Kartoffelbau

Registrierungspflicht für landwirtschaftliche Betriebe als Lebensmittelerzeuger

Die EU-Lebensmittelhygieneverordnung 852/2004 schreibt die Registrierungspflicht für landwirtschaftliche Betriebe als Lebensmittelerzeuger im Artikel 6 Abs. 2 vor. Dies gilt nicht nur für direktvermarktende Betriebe, die ihre selbst erzeugten Produkte verarbeiten, sondern auch für die Unternehmen, die ausschließlich in der Urproduktion tätig sind. In Niedersachsen nehmen die Veterinärämter der Landkreise die Registrierung entgegen, teilweise formlos oder entsprechende Formulare sind auf den Internetseiten der zuständigen Behörden hinterlegt. Die schriftliche Meldung hat den Vorteil, dass Sie einen Beleg zu Ihren Unterlagen heften können.

Landwirtschaftliche Urproduktion oder Gewerbe

Gesetzliche Grundlage ist die Gewerbeordnung, die in ihren Formulierungen Spielräume für die Auslegung zulässt. Werden Kartoffeln als unverarbeitetes, selbst erzeugtes Produkt vermarktet, egal in welchem Umfang und über welchen Vermarktungsweg, gelten sie als landwirtschaftliche Urprodukte und stellen kein Gewerbe dar. Dies gilt auch, wenn die Kartoffeln z. B. sortiert und/ oder verpackt werden.

Das Schälen und/oder Zerkleinern der Kartoffeln gehört zur 1. Verarbeitungsstufe, führen aber nicht zur Gewerblichkeit. Dies sieht für die 2. Verarbeitungsstufe anders aus: Erfolgt eine Aufbereitung der Kartoffeln zu Chips, Aufstrichen, Fertiggerichten, u. ä., ist ein Gewerbe bei der zuständigen Kommune (Betriebssitz) anzumelden.

Allerdings formuliert die Gewerbeordnung eine Anzeigepflicht, wenn

  • die Stelle des Verkaufs, z. B. auf Wochenmärkten; an der Haustür; im Hofladen, über Verkaufshütten oder -automaten außerhalb der hofeigenen Betriebsstätte, u. ä., räumlich und personell von der Urproduktion getrennt ist.
  • der Zukauf anderer, betriebsfremder Produkte mehr als 10% des Gesamtumsatzes in der Direktvermarktung überschreitet. Beim Zukauf ist es unerheblich, ob es sich um landwirtschaftliche oder nicht landwirtschaftliche Produkte handelt.
  • der Umfang der Weiterverarbeitung (2. Verarbeitungsstufe) nicht unerheblich ist, d.h., der mit diesen Produkten erzielte Umsatz übersteigt 10% des Gesamtumsatzes in der Direktvermarktung.

Mess- und Eichgesetz

Kartoffeln werden nach Gewicht verkauft. Deshalb bedarf es einer geeichten Waage, um die exakte Mengen zu ermitteln. Beim losen Verkauf besteht die Verpflichtung, dass die KundInnen die Waage einsehen müssen, um das angezeigte Gewicht ablesen zu können. Das Mess- und Eichgesetz beinhaltet zudem Fristen, nach denen die Waagen für zum Verkauf bestimmte Produkte durch die Eichämter auf ihre Genauigkeit überprüft werden. In der Regel umfasst der Intervall 2 Jahre, was eine Prüfplakette bescheinigt, ähnlich der TÜV-Plakette beim Auto.

Preisangabenverordnung

Alle Produkte, die zum Verkauf angeboten werden, müssen preislich ausgezeichnet sein. Bei loser Ware bezieht sich der Preis auf ein Kilo oder 100 g des betreffenden Produkts. Wird verpackte Ware vermarktet, müssen der Endpreis (Preis des Gebindes) und der Grundpreis (kg- oder 100 g-Preis) angegeben sein. Die Preisangaben sind inklusive des Mehrwertsteuersatzes vorzunehmen. Sie müssen nicht an jedem einzelnen Produkt stehen. Es reichen ein Preisschild oder eine Preistafel aus, wenn sie zweifelsfrei von der Kundschaft dem entsprechenden Produkt zugeordnet werden können.

Der Grundpreis muss nicht ausgewiesen werden, wenn die

  • Kartoffeln überwiegend im Zuge der Bedienung an die KundInnen abgegeben werden.
  • Gesamtverkaufsfläche, z. B. im Hofladen, unter 100 m² liegt.

Kennzeichnung verpackter Ware

Werden Kartoffeln in verpackter Form den KundInnen angeboten, greift die Kennzeichnungspflicht entsprechend der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Danach sind nachstehende Elemente zu kennzeichnen:

  • Verkehrsbezeichnung, z. B. Speisekartoffeln, Speisefrühkartoffeln, u. ä.
  • Name und Anschrift des Erzeugers, Abpackers oder Inverkehrbringers (Vermarkter)
  • (Netto)Gewicht
  • Los- oder Chargennummer
  • bei Verwendung von Keimhemmungsmitteln die Angabe „nach der Ernte behandelt“.

Um den VerbraucherInnen mehr Transparenz für die Verwendung der Kartoffeln zu geben, wird empfohlen, die Kocheigenschaften und ggf. die Sorte zu nennen.

„Berliner Vereinbarungen“ heißen die deutschen Bedingungen, die den innerdeutschen Kartoffelhandel auf freiwilliger Basis regeln. Sie wurden nach dem Wegfall der Handelsklassen beschlossen und geben zwei Qualitätsnormen vor: „Qualität Extra gemäß Berliner Vereinbarungen“ bzw. „Qualität I gemäß Berliner Vereinbarungen“. Wer sie nutzt, muss nachstehende Angaben vornehmen:

  • Name der Kartoffelsorte
  • Qualitätsstufe: „Extra“ oder „Qualität I“ gemäß Berliner Vereinbarung
  • Kochtyp (festkochend, vorwiegend festkochend oder mehlig kochend)

ggf. die Bezeichnung „Drillinge“, wenn es sich um kleine Kartoffeln im Durchmesser von 25 – 40 mm handelt. Diese Bezeichnung ist eine Größenbezeichnung oder –sortierung und gilt unabhängig von der Kartoffelsorte.

Kennzeichnung loser Ware

Hier sind die Vorschriften weniger streng, weil die Kundschaft Informationen zum Produkt erfragen kann. Die Grundpreisangabe für ein Kilo Kartoffeln reicht aus. Wer ergänzend die Sorte, den Kochtyp, den Hinweis „aus eigener Erzeugung“ oder andere Elemente angeben möchte, kann dies auf freiwilliger Basis vornehmen. Wichtig ist, dass alle genannten Punkte korrekt sind, weil sie durch die Lebensmittelüberwachung geprüft werden können.

Kennzeichnung von Biokartoffeln

Werden die Kartoffeln nach den Kriterien des ökologischen Landbaus erzeugt (EG-Öko-Verordnung), ist dies durch Begriffe wie „Öko“ oder „Bio“ zu kennzeichnen. Voraussetzung für die Verwendung dieser Begriffe ist, dass die Betriebe sich jährliche durch anerkannte, neutrale Kontrollstellen überprüfen lassen und ein entsprechendes Zertifikat erhalten. Bei verpackter Ware ist auf den Etiketten der Name oder die Codenummer der Kontrollstelle aufzuführen. Zusätzlich sind diese Produkte mit dem EU-Bio-Logo zu kennzeichnen. Werden die Kartoffeln nach den Vorgaben verschiedener Verbände erzeugt, z. B. Bioland, Demeter, Naturland, u. ä. sind deren Vorgaben für die Deklaration ebenfalls einzuhalten.

Schutz traditioneller Lebensmittel

Die EU hat Schutzlabels entwickelt, um Bezeichnungen traditioneller Lebensmittel oder besonderer Spezialitäten aus bestimmten Regionen zu schützen. Damit soll verhindert werden, dass betreffende Produktbezeichnungen missbräuchlich Verwendung finden. Im Kartoffelbereich gilt dies für die „Bamberger Hörnchen“. Ihnen wurde 2013 von der EU die Auszeichnung „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) verliehen.

Lebensmittelhygiene und Infektionsschutz

Die EU-Lebensmittelhygieneverordnung (852/2004) formuliert die hygienischen Anforderungen für Lebensmittel, die unmittelbar an die EndverbraucherInnen oder an WiederverkäuferInnen abgegeben werden. Danach besteht die Verpflichtung, jegliche nachteilige Beeinflussung der Urprodukte zu vermeiden, wie z. B. Ekel erregende oder sonstige Beeinträchtigungen der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit der Kartoffeln bzw. Lebensmitteln wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche, Temperaturen, Gase, Dämpfe, Rauch, Aerosole, tierische Schädlinge, menschliche und tierische Ausscheidungen sowie durch Abfälle, Abwässer, Reinigungsmittel, Pflanzenschutzmittel, Biozid-Produkte oder ungeeignete Behandlungs- und Zubereitungsverfahren.

    Dementsprechend sind/ ist

    • Wände, Fußböden, Türen, Fenster und Arbeitsflächen in Räumen der Betriebsstätte sowie Verkaufseinrichtungen, Anlagen, Ausrüstungsgegenstände, Behältnisse, Container und Fahrzeuge, die mit Urprodukten in Berührung kommen können, instand zu halten, regelmäßig zu reinigen und ggf. zu desinfizieren.
    • hygienische Herstellungs-, Transport- und Lagerungsbedingungen für die Urprodukte sowie deren Sauberkeit in angemessener Weise sicherzustellen.
    • bei der Reinigung von Urprodukten Trinkwasser oder sauberes Wasser, das der Trinkwasserqualität entspricht, zu verwenden.
    • Abfälle und gefährliche Stoffe so zu lagern bzw. damit so umzugehen und sie so zu entsorgen, dass eine Kontamination der Urprodukte ausgeschlossen ist.

    Um eine gute Lebensmittelhygiene in Betrieben und deren Verkaufseinrichtungen (Hofladen, Marktstand, Verkaufshütte, u. ä., zu ermöglichen, sind nachstehende Punkte zu beachten:

    • Bei der Lagerung der Urprodukte sind Verunreinigungen zu vermeiden.
    • Für die Lagerung muss die Einhaltung der erforderlichen Temperaturen sichergestellt sein.
    • Für die Reinigung der Urprodukte müssen geeignete Vorrichtungen vorhanden sein.
    • Eine angemessene Personalhygiene ist zu gewährleisten. Dazu müssen geeignete Vorrichtungen geschaffen werden, z. B. zum Waschen und Abtrocknen der Hände, Sanitäreinrichtungen und Umkleidemöglichkeiten.
    • Eine ausreichende Versorgung mit kaltem oder warmem Trinkwasser ist unerlässlich.
    • Es muss möglich sein, die Räumlichkeiten, Arbeitsgeräte und Ausrüstungsgegenstände zu reinigen und ggf. zu desinfizieren.
    • Verpackungsmaterialien sind so zu lagern, dass sie nicht verunreinigt werden.

    Für die Personalhygiene ist sicherzustellen, dass

    • die Behandlung der Urprodukte nur von Personen vorgenommen wird, die gesund sowie in Bezug auf Gesundheitsrisiken und in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult sind.
    • Personen, die mit Urprodukten umgehen, ein hohes Maß an persönlicher Hygiene halten, geeignete, saubere Arbeitskleidung und erforderlichenfalls Schutzkleidung tragen.
    • Personen mit infizierten Wunden, Hautinfektionen oder Geschwüren nicht mit Urprodukten umgehen, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Urprodukte direkt oder indirekt kontaminiert werden können.

    Verpackungsgesetz

    Es gilt für alle (direktvermarktenden) Betriebe, die mit Ware befüllte und beim Endverbraucher anfallende Verpackungen in Verkehr bringen. Ausgenommen sind Kleinstinverkehrbringer, deren Tätigkeiten steuerrechtlich als Hobby bewertet werden. Nachstehende Pflichten gelten für die Hersteller und/oder Händler:

    • Registrierung: Jeder (direktvermarktende) Betrieb der Verkaufsverpackungen, Versandverpackungen und Umverpackungen wie Flaschen, Dosen, Gläser, Raschelsäcke, Kunststoffschalen, Papiertüten, u. ä. in den Verkehr bringt, muss bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) im Verpackungsregister LUCID gemeldet sein.
    • Zusätzlich ist ein Vertrag mit einem zugelassenen Entsorgungsunternehmen abzuschließen, damit die Hersteller/ Händler für die zukünftigen Entsorgungskosten der Verpackungsmaterialien (in den gelben Säcken) aufkommen. Sie haben die Wahl zwischen bundesweit 9 zugelassenen Entsorgungsunternehmen, bei denen es je nach Verpackungsmaterialart und Jahresmenge erhebliche Preisunterschiede gibt.
    • Jeder (direktvermarktende) Betrieb muss die Masse (Gesamtgewicht) und die Materialart, der von ihm in Verkehr gebrachten Verpackungen, mindestens einmal jährlich an das von ihm gewählte Entsorgungsunternehmen und gleichzeitig an die ZSVR melden.

    Sogenannte Serviceverpackungen bilden eine Ausnahme, wenn sie erst am Ort der Abgabe mit Ware befüllt werden. Hierzu gehören z. B. Tragetaschen, Einschlagpapier, Coffee-to-go-Becher, Brötchentüten, u. ä. Diese Verpackungen können von einem Hersteller bezogen werden, der die Lizenzgebühren bereits entrichtet hat (Nachweis z. B. über Rechnung/ Lieferschein). Wer nur derartige Serviceverpackungen nutzt, muss sich nicht bei LUCID anmelden und keinen Vertrag mit einem Entsorgungsunternehmen abschließen. Betriebe, die sowohl Serviceverpackungen als auch andere Verpackungen verwenden, melden nur letztgenannte bei LUCID und dem Entsorgungsunternehmen an.

    Bei Erzeugnissen, die in Mehrwegverpackungen vertrieben werden, entfällt die Pflicht zur Systembeteiligung/ Registrierung und Mengenmeldung, wenn z. B. ein Pfandsystem vorhanden ist, welches die Rückgabe der Verpackung fördert. Adressen der Entsorger und weitere Informationen finden Sie unter: www.verpackungsregister.org