Zum Hauptinhalt springen

Anforderungen an die Kartoffeln steigen weiter

Die Kartoffel wird aufgrund ihrer großen Anpassungsfähigkeit auf allen Kontinenten angebaut und leistet durch ihre besonders hohe Nährstoffdichte pro Hektar einen überaus wichtigen Beitrag zur Ernährung der Weltbevölkerung. Vor allem mit dem weiter fortschreitenden Klimawandel ergibt sich jedoch ein neuer Anpassungsdruck, dem in seiner Intensität und Geschwindigkeit mit den bisherigen Lösungen nur noch schwer zu begegnen sein wird.

Dr. Rolf Peters
PotatoConsult UG
redaktion@dlg.org

Grundlage für einen erfolgreichen Kartoffelanbau ist nicht nur eine optimale Produktionstechnik, sondern auch die Verfügbarkeit von zu den jeweiligen Anbaubedingungen passenden Sorten. Dabei haben sich am Markt neben dem klassischen Ziel einer stetigen Steigerung der Knollenerträge sehr schnell spezifische Qualitätsforderungen entwickelt, um die Ansprüche in den unterschiedlichen Verwertungsrichtungen der Kartoffeln besser erfüllen zu können. Hier haben insbesondere die europäischen Kartoffelzüchter eine umfassende Pionierarbeit geleistet, die sich heute sowohl in einer Vielzahl wohlschmeckender Speisesorten als auch in einem breiten Angebot erfolgreicher Sorten für die Veredelungsindustrie widerspiegelt.

Dabei mussten die Kartoffelzüchter aber gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit ihrer Sorten gegenüber den unterschiedlichsten Schad- und Krankheitserregern ständig verbessern. So begann vor etwa 50 Jahren der sukzessive Übergang zu Kartoffelsorten mit einer Resistenz gegenüber zystenbildenden Nematoden, die heute in den meisten neuen Sorten fest verankert ist. Es gibt jedoch auch Erreger, wie die altbekannte Kraut- und Knollenfäule oder der Kartoffelkäfer, bei denen sich die Erfolge trotz einer langjährigen Züchtungsarbeit nur sehr langsam einstellen. Hier hat die moderne Resistenzforschung zwar zu einem deutlichen Kenntnisfortschritt beigetragen, aber die etwa 15 Jahre dauernden Züchtungszyklen bis zur erfolgreichen Anmeldung einer neuen Sorte stehen einer zeitnahen Umsetzung in die landwirtschaftliche Praxis entgegen.

Diese Situation hat sich durch den intensiven Klimawandel der letzten Jahre noch deutlich verstärkt, da z. B. mit den steigenden Temperaturen in den typischen Kartoffelanbaugebieten im Nordwesten Europas zunehmend auch neue Krankheiten und Schaderreger heimisch werden, auf die die Resistenzzüchtung möglichst zeitnah adäquate Antworten finden muss.

Hier könnten die modernen Züchtungstechniken in Kombination mit den klassischen Methoden neue Wege eröffnen, um die Widerstandsfähigkeit vorhandener oder neuer Sorten deutlich schneller zu verbessern. Während diese Vorteile in vielen Regionen der Welt schon erfolgreich in die Züchtungsarbeit integriert wurden, befindet sich die EU noch in einem langwierigen Evaluierungsprozess.

Wie wichtig hier eine positive Entscheidung wäre, zeigt sich auch in der herausgehobenen Stellung der Züchtung widerstandsfähiger Sorten in den nationalen und internationalen Strategien zur zukünftigen Ausgestaltung der Landwirtschaft. Dieses Werkzeug kann jedoch nur effektiv genutzt werden, wenn die Züchtung mit den sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen Schritt halten kann. So finden sich in dem gegenwärtigen Sortiment zwar schon einige Kartoffelsorten, die sich durch eine ausgeprägtere Widerstandsfähigkeit gegenüber Trocken- und Hitzestress auszeichnen. Dies reicht aber bei weitem nicht aus, um auch unter den vermehrten Extremwettersituationen einen zufriedenstellenden Ertrag sicherzustellen. Darüber hinaus wird im Rahmen einer multifaktoriellen Nachhaltigkeitsstrategie in der Kartoffelproduktion an einer weiteren Effizienzsteigerung beim Wasser- und Nährstoffeinsatz gearbeitet.

Auf die Verfügbarkeit widerstandsfähigerer und multi-resistenterer Sorten wird zudem in vielen kartoffelbauenden Regionen der Welt gewartet, da sich hier die Anbaubedingungen in den letzten Jahren noch viel drastischer verändert haben. Dort können solche Sorten einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherheit der Bevölkerung leisten. Gleichzeitig erfordern die angestammten inner- und außereuropäischen Pflanzgutmärkte einige stetige Betreuung, um neben den globalen Anforderungen auch die häufig sehr differenzierten regionalen Bedürfnisse mit entsprechenden Sorten befriedigen zu können. Dies ist auch eine Erklärung dafür, dass z. B. in Deutschland aktuell mehr als 300 Kartoffelsorten als Pflanzgut vermehrt werden.