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Herausforderungen der Kartoffelernte

Bei der Kartoffel wächst das Erntegut vollständig unter der Erde und die Knollen sind zudem durch den hohen Wassergehalt sehr empfindlich gegen mechanische Belastungen. Dies zwingt bei der Ernte zu partienspezifischen Kompromissen, um Qualität und Flächenleistung unter Berücksichtigung der betrieblichen Zielvorstellungen in Einklang zu bringen.

Dr. Rolf Peters
PotatoConsult UG
redaktion@dlg.org

Trotz des Anbaus der Kartoffeln in Dämmen müssen durchschnittlich meist über 1.000 m³ Boden pro Hektar aufgenommen werden, um die etwa 75 m³ Knollen ernten zu können. Diese sehr hohe Erdmenge macht eine entsprechende Siebfläche in den Erntemaschinen erforderlich, der jedoch sowohl durch die maximale Breite der Roder beim Straßentransport als auch durch die Maschinenkosten erste Grenzen gesetzt werden. Hinzu kommt die in Abhängigkeit von der Feuchtigkeit sehr stark schwankende Siebfähigkeit des Bodens, die unter trockenen Bedingungen eine kleinere und unter feuchten Verhältnissen eher eine noch größere Siebfläche sinnvoll erscheinen lässt.

Dies macht im praktischen Rodebetrieb eine hohe Anpassungsfähigkeit von Mensch und Technik erforderlich, um den Aufbau eines geschlossenen und damit knollenschonenden Erdpolsters möglichst bis zum Ende des Siebkanals sicherzustellen. Neben der Abstimmung von Fahrgeschwindigkeit und Drehzahl der Siebketten können auch verstellbare Siebhilfen oder ein Wechsel der Siebketten zum Erreichen dieses Ziels beitragen. Beinhaltet die weitere Transportstrecke des Erntegutes, z. B. durch die Nutzung einer Heckannahme bei der Einlagerung oder eines Überladewagens, noch eine weitere Möglichkeit zur Erd- und Klutentrennung, kann die Siebintensität des Roders geringer sein als wenn am Feldrand direkt in Großkisten übergeladen wird.

Mit der Nutzung eines Krautschlägers im Rahmen der Krautminderung wird der Krautanteil im aufgenommenen Rodegut deutlich geringer, doch lassen sich sehr kurz abgeschlagene Reststängel maschinell wesentlich schlechter abtrennen und ziehen meist einen erhöhten Verleseaufwand nach sich. Die Bedeutung der Abtrennung knollenähnlicher Beimengungen durch die Erntemaschine ist auf vielen Betrieben durch die stärkere Verbreitung der Bodenseparierung im Frühjahr und die Konzentration des Anbaus auf die geeigneteren Flächen zurückgegangen.

Hinzu kommen stationäre Walzentrennungen in der Einlagerungslinie, um neben loser Erde vor allem kleine Steine und Kluten abzutrennen. Im Stärkekartoffelanbau steht aus Kostengründen weiterhin die Beimengungstrennung bei der Ernte im Vordergrund. Erste Betriebe gehen jedoch dazu über, die eigentlich für den Rodereinsatz konzipierte pneumatische Beimengungstrennung als stationäre Einheit am Feldrand zu nutzen, bevor die Kartoffeln auf die Transportfahrzeuge übergeladen oder in einer Feldmiete zwischengelagert werden. Durch den gemeinsamen Aufbau von Annahme-, Reinigungs- und Trenntechnik auf einen Tieflader hat diese Nachreinigungseinheit eine hohe Mobilität und eignet sich entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit auch für den überbetrieblichen Einsatz. Die Übertragbarkeit dieser Verfahrenslösung auf andere Verwertungsrichtungen ist jedoch aus Qualitätsgründen begrenzt, da das Beschädigungsrisiko erfahrungsgemäß umso größer wird, je später die harten Kluten und Steine aus dem Gutstrom entfernt werden.

Immer wieder in der Diskussion steht die „optimale“ Größe des Bunkers der Erntemaschinen. Während viele Praktiker sich insbesondere bei den zweireihigen, gezogenen Rodern noch größere Fassungsvermögen wünschen, sind die Hersteller vermehrt an gesetzliche Rahmenbedingungen, z. B. bei der Achslast oder der Transportbreite und -höhe, gebunden, um die wichtige, EU-weit anerkannte Typgenehmigung ihrer Maschinen zu erhalten. Vor diesem Hintergrund gewinnen Überladebunker, die sich während der Fahrt verlustfrei entleeren lassen, an Bedeutung. So entfallen auf der einen Seite die Rangierzeiten beim Überladen auf Standwagen, auf der anderen Seite muss bei dem eingeschränkten Bunkervolumen jedoch eine kontinuierliche Abfuhrkette sichergestellt sein und die Transportfahrten auf dem Acker mit nicht immer bodenschonend bereiften Fahrzeugen nehmen deutlich zu. Erste spezielle Überladewagen z. T. mit mechanischen oder pneumatischen Trenneinrichtungen sind am Markt verfügbar, konnten sich aus Kosten- und Qualitätsgründen bisher aber nur auf vereinzelten Betrieben gegenüber den klassischen Abfuhrverfahren durchsetzen.

Die schonende, aber auch gleichzeitig leistungsorientierte Ernte der Kartoffelknollen aus dem Boden wird durch eine Vielzahl an Einstellmöglichkeiten am Roder unterstützt. Die Hersteller tragen dem zum einen durch die intensive Integration von Stellmotoren sowie hydraulischen Antrieben bis hin zu vollhydraulischen gezogenen und selbstfahrenden Ausführungen Rechnung. Zum anderen lassen sich immer mehr Baugruppen mit automatischen Regelsystemen ausstatten, die in den vorgegebenen Grenzen eine eigenständige Anpassung zumeist der Umlaufgeschwindigkeiten an die jeweiligen Einsatzbedingungen übernehmen. Dies trägt zu einer wesentlichen Entlastung des Traktorfahrers bei, der aber z. B. durch das Überladen während der Fahrt evtl. auch weitere Aufgaben übernehmen muss. Externe Kontroll- und Regelmöglichkeiten über WLAN- bzw. Internetverbindungen bieten in diesem Zusammenhang weitere Qualitätssicherungsmöglichkeiten, da der Fahrer in schwierigen Einsatzbedingungen leichter unterstützt oder aktuelle Boniturergebnisse direkt in eine modifizierte Maschineneinstellungen umgesetzt werden können.